20.11.2017

Im Interview: Andrea Knecht ist die neue katholische Seelsorgerin

Mit viel Herz und Wärme ist Andrea Knecht seit 1. September im Vinzentius-Krankenhaus in Landau tätig. Sie löste Beate Stiegler als katholische Klinikseelsorgerin ab, die seit April im Diakonissenkrankenhaus in Speyer tätig ist. Andrea Knecht hat ein offenes Ohr für die Patienten und deren Angehörige, aber auch für das Personal. Im Interview spricht die 57-Jährige über die Spannung vor dem ersten Gespräch mit Patienten, über Zweifel an Gott, und über Krimis.
Frau Andrea Knecht, kath. Klinikseelsorgerin
Frau Andrea Knecht, kath. Klinikseelsorgerin

Mit welchen Leuten haben Sie es täglich zu tun?

Mit den Patienten im Krankenhaus, deren Angehörigen, aber auch mit dem Personal. Wir sind nicht allein Krankenseelsorger, sondern Klinikseelsorger. Als solche sind wir für das ganze Haus da, wenn wir gebraucht werden: für die Putzfrau, das Küchenpersonal, die Pflegenden, die Ärzte.

Bleiben wir bei dem Begriff des Seelsorgers. Sie sorgen sich um die Seelen. Nehmen Sie diese Sorgen auch mal mit nach Hause?

Die Sorgen der Patienten gehen mir schon nahe, aber ich versuche, sie nicht mitzunehmen. Für die Eigenhygiene ist es gut zu sagen, ich lasse es hier im Haus. Dafür ist die Kapelle ganz gut. Dort sage ich: Lieber Gott, ich habe mein Möglichstes getan. Jetzt kannst du noch ein bisschen was tun oder jemand anderen schicken.

Worauf kommt es Ihnen als Klinikseelsorgerin an?

Ich will mit den Menschen das Schwere aushalten, weine auch mal mit ihnen. Ich möchte aber auch ein bisschen Freude und Erleichterung reinbringen, damit ein wenig die Sonne im Herzen des anderen aufgeht.

Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit hier zu Ihrem bisherigen Job in der Klinik in Ludwigshafen?

In Ludwigshafen war ich unter anderem für die Herz-Intensivstation und für die medizinische Intensivstation zuständig. Da hat man es mit Schicksalen zu tun, von denen ich früher dachte, das gibt’s nur im Film. Menschen, die ins Wachkoma fallen, die auf Organtransplantationen warten. Junge Leute, die als Notfall eingeliefert werden, mit allen möglichen Erkrankungen. In Landau gibt es nur eine Intensivstation, die ist wesentlich kleiner. Aber hier kann man auch umso intensiver arbeiten.

Von wem werden Sie gerufen?

Entweder ruft der Patient oder rufen die Angehörigen mich oder den evangelischen Kollegen. Unsere Nummer hängt auf Plakaten im Krankenhaus und steht auf Flyern. Vor allem aber ist die Sensibilität der Pflegenden gefragt: Pflegepersonal und Ärzte müssen uns darauf aufmerksam machen, dass da jemand ist, der unsere Zeit braucht. Die Intensivstation zum Beispiel besuche ich von mir aus einmal pro Woche. Dort biete ich Patienten und Angehörigen an, für sie da zu sein. Das ist unsere Qualität als Seelsorger: Wir sind da, wir halten mit auf. Wir wollen weder missionieren noch überzeugen. Wir wollen unsere Zeit schenken, egal ob jemand glaubt oder nicht.

Was antworten Sie jemandem, der schwer vom Schicksal getroffen wurde und dadurch Zweifel an Gott hegt?

Ich halte die Frage mit dem- oder derjenigen aus, denn auf die Frage „Warum ich?“ oder „Warum tut Gott mir das an?“ gibt es zunächst keine Antwort. Die Antwort hängt vor allem mit dem eigenen Gottesbild zusammen. An der Frage sehe ich aber, dass viele Gott mit mir in Verbindung bringen – ohne dass ich das Wort überhaupt in den Mund nehme. Die merken dann, ich bringe noch jemanden mit. Viele wollen auch über sich und ihre Biografie reden. Andere fragen mich sehr Persönliches, wie „Wie würden Sie damit umgehen?“ oder „Was glauben Sie?“.

Und was antworten Sie darauf?

Ich bin selbst chronisch krank, war schon zwei Mal im Koma. Ich weiß, was es heißt, dem Tod entgangen zu sein. Das sensibilisiert noch einmal mehr. Für mich ist Gott einer, der für mich da ist. Der mir manchmal einen Engel schickt oder gute Ärzte. Jeder, der uns besucht, der uns in der Krankheit beisteht, ist ein Engel an unserer Seite.

Wie bereiten Sie sich auf Gespräche vor?

Das ist immer das Spannende: Ich weißt nicht, was mich hinter der Tür des Krankenzimmers erwartet. Manchmal erzählen die Pflegenden mir eine Krankheitsgeschichte. Doch ich bin neugierig auf die Person dahinter. Ich bereite mich nur dahingehend vor, dass ich versuche, für diesen Patienten voll und ganz da zu sein

Wie schalten Sie ab, wenn die Arbeit geschafft ist?

Ich liebe den Pfälzerwald. Unsere Gegend ist ein kleines Paradies, durch das ich gerne wandere. Ich bin auch schon mehrere Jakobswege gelaufen. Laufen und draußen sein, das liebe ich. Auch Wellness und Sauna mag ich sehr. Ich singe gerne, will mir einen neuen Chor suchen. Denn singen tut der Seele gut. Kunstgalerien besuchen wir auch oft. Und auf meinen Krimi abends kann ich nicht verzichten. Meine Freundschaften haben durch die Arbeit in Ludwigshafen ein bisschen gelitten. Nach Landau zurückzukommen bedeutet für mich in die Heimat zurückzukommen, auch wenn ich ursprünglich nicht von hier bin.

 

 

Andrea Knecht (57) kommt aus einem kleinen Dorf an der Nahe und wohnt seit Jahren in der Südpfalz. Nach ihrem Diplom-Studium der Religionspädagogik in Mainz machte sie ein Anerkennungsjahr in der Eifel, und arbeitete später als Gemeindereferentin in Neunkirchen. Seit 1993 arbeitet sie für das Bistum Speyer. Zunächst als Klinikseelsorgerin in Gleisweiler, dann 15 Jahre als Pastoralteamleiterin und Gemeindereferentin in Landau-Godramstein. Danach war Andrea Knecht im Klinikum Ludwigshafen im Team mit zwei weiteren katholischen und zwei evangelischen Seelsorgern, bevor sie am 1. September 2017 nach Landau kam.

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